Kommunikation mit dem Endkunden ist heute mehr als der Versand einer Kundenzeitschrift. Kundenkommunikation wird durch vier starke Kommunikations-Trends deutlich anspruchsvoller: Content, Interaktion, Cross-Media und Individualisierung (CICI). Diese Veränderungen bedeuten für Verlage und Dienstleister im Corporate Publishing große Herausforderungen, aber auch neue Chancen, ihr Geschäft auszubauen!
Corporate Publishing (CP), die „verlegerische“ Kommunikation von Unternehmen mit ihren Kunden und potenziellen Kunden, hat sich in den letzten Jahren nachhaltig verändert, insbesondere im BTC-Bereich. Die wachsenden Ansprüche der Kunden und Endkunden, der wirtschaftliche Druck auf Unternehmensseite und die Möglichkeiten und Nebeneffekte der Digitalisierung sind Ursachen hierfür.
Aufgrund dieser Entwicklung verändern sich auch die Anforderungen, die werbetreibende Unternehmen an einen CP-Dienstleister stellen – das bedeutet für viele, gerade kleinere CP-Anbieter Probleme, da sie die über Redaktion und Druck hinausgehenden Bedürfnisse der Auftraggeber nicht ohne weiteres alleine bewerkstelligen können. Es bedeutet aber auch eine Chance, vor allem für etablierte Großverlage und andere Medien-Produzenten, sich hier besser zu positionieren um dringend benötigtes Umsatzpotenzial zu generieren. Nicht zuletzt eröffnet es aber auch neue Möglichkeiten für einen Marktzutritt für Dienstleister, die eher aus dem Bereich der digitalen Kommunikation denn aus dem Verlagswesen stammen, zumindest einen „Teil vom Kuchen abzubekommen“.
Voraussetzung ist aber für alle, dass sie die Bedürfnisse der Unternehmen genau analysieren, sich kundenorientiert aufstellen und an einigen Punkten noch aufrüsten – insbesondere hinsichtlich der systemseitigen Abbildung von mehrstufigen und komplexen Kundenbeziehungen.
1: Einfach war gestern – vielfältiger Content, perfekt abgestimmt!
Früher stand beim Thema CP das Medium im Mittelpunkt. Es gab eine klare Trennung zwischen „journalistischer“ Kunden-Kommunikation (push), service-orientierter Kunden-Kommunikation (pull) und verkaufs-orientierter Kunden-Kommunikation (push). Wenn Unternehmen das Bedürfnis hatten, eine Kundenzeitschrift zu publizieren, bedienten sie sich hierzu der Unterstützung eines Dienstleisters, häufig eines darauf spezialisierten Verlages oder einer PR-Agentur. Dies war das angestammte Geschäft von CP-Dienstleistern.
Service-Kommunikation und direkte Verkaufskommunikation, hingegen, liefen zumeist im Unternehmen und klar vom Unternehmen gesteuert oder über ganz andersartige Dienstleister ab. Mehrere Aspekte haben dazu geführt, dass diese Trennung aufgehoben wurde, unter anderem die zunehmende Digitalisierung der Medien oder der Einzug von Social Media in das Repertoire der Kundenpflege.
Hinzu kommt, dass sich das Konsumverhalten und die Erwartungen der Endkunden nachhaltig verändert haben. Kunden erwarten ein individuelles und substanzielles Markenerlebnis, um sich zum Kauf bewegen zu lassen, und zwar überall dort, wo sie es möchten – und in gleichbleibender Qualität. Werbetreibende Unternehmen müssen daher eine kanalübergreifende Marken- und Erlebniswelt schaffen und dafür benötigen Sie: Mehr hochwertigen, substanziellen und auf die Zielgruppe zugeschnittenen „branded“ Content. Es muss „story-telling“ betrieben werden, um eine Geschichte um die Marke herum zu bauen – und das heißt, dass der vielfältige Content unabhängig vom Kanal erst einmal in zumeist großen Mengen produziert und dann auch noch aufeinander abgestimmt werden muss, durchaus auch flexibel in Abhängigkeit von Reaktionen und Veränderungen der „Stimmung“ in der Community.
Die Hauptaufgabe besteht also darin, umfangreiche und „wertvolle“ Inhalte zu produzieren und diese auf den relevanten Plattformen zugänglich zu machen, so dass sich der Konsument damit auseinandersetzen möchte. Nur dann erreicht der Werbetreibende das Ziel, eine Anstoßkette der (positiven) Kommunikation ins Rollen zu bringen. Das bedeutet zum einen, dass jeglicher Content differenziert werden muss hinsichtlich seiner Kommunikationsziele. Diese können von Informationsvermittlung über Emotionalisierung bis hin zu „shareability“ alle möglichen sein.Das bedeutet auch, dass die Informationsarten immer vielfältiger werden, wie beispielsweise im Fall von videobasiertem Content.
Was bedeutet das für Verlage? Dieser Trend bringt Verlage in eine Vorteilssituation: Sie verfügen in der Produktion von hochwertigem Inhalten über ein hohes Maß an Kompetenz und Glaubwürdigkeit – auch hinsichtlich Flexibilität der Inhalte in unterschiedlichen Kanälen und Zielgruppen. Verlage können diesen Vorteil gegenüber Agenturen und „Onlinern“ ausspielen. Aber er offenbart auch einen Schwachpunkt: „Moderne“ Inhalte, z.B. videobasierte Inhalte. Hier muss Kompetenz seitens der Verlage erst „bewiesen“ werden, um in der Lage zu sein, mit spezialisierten Agenturen Schritt zu halten und Werbetreibenden ein komplettes Kommunikationspaket liefern zu können.
2: Zum Erfolg verdammt – Interaktion macht Kommunikation messbar
Unternehmen stehen unter starkem Vertriebs- und/oder Aufmerksamkeitsdruck und neue Medien und Kanäle machen es leicht, die Effektivität von Kommunikation zu messen – egal ob dieser als tatsächlicher Verkauf oder als wie auch immer geartete Veränderung/Stabilisierung der Konsumenteneinstellung definiert ist. Ein neues Verständnis bezüglich effektiver, effizienter und erfolgsorientierter Kommunikation ist für ein modernes Corporate Publishing daher notwendig. Wie sieht dieses Verständnis aus?
Zunächst geht es um die grundsätzliche Einstellung von CP-Dienstleistern, Ihre Publikationen selbst hinsichtlich „Erfolg“ auszurichten und zu optimieren, also bei allem Senden auch immer den Rückkanal (oder in Social Media den Seitwärts-Kanal) im Auge zu haben. Das beinhaltet dann die vorausschauende Fähigkeit (und den Willen), Messmöglichkeiten für Feedback aufzeigen und implementieren zu können .
Dabei muss man sich inzwischen von der Vorstellung verabschieden, dass der Erfolg eines Produkts/einer Dienstleistung eindimensional von der Quantität an Klicks, Likes oder Downloads abhängt – es sind komplexere, mehrstufige Messmethoden der Vernetzung und Kollaboration mit dem Kunden notwendig, die auch die Wahrnehmung und längerfristige emotionale Effekte berücksichtigen: Konnte die Kommunikationsstrategie dazu beitragen, dass das Produkt vom Konsumenten aufgenommen wurde und vor allem in welcher Aktivität resultiert diese Wahrnehmung? Sorgt die Information für stärkeres Commitment des Konsumenten, was sich beispielsweise in Datenfreigaben oder Newsletter-Bestellungen oder Weiterverbreitung innerhalb seines Netzwerkes zeigt? Wird er zum „Sharer“? Lassen sich Kommunikationsmuster erkennen, die letztlich die Aussendung von Content in Abhängigkeit von Zielgruppen und Situationen in Umsatz oder sonstigen Erfolg umrechnen lassen?
Was bedeutet das für Verlage? Einzig und allein dieses Wissen zeigt auf, ob das Produkt für den Kunden an Bedeutung gewonnen hat. Denn der emotionale Effekt von Kommunikationsmaßnahmen ist es, der deren Qualität aufzeigt. Wie gesagt, CP-Dienstleister müssen immer besser in der Lage sein, diese Erfolgsorientierung bei der Konzeption der Unternehmensinformationen zu berücksichtigen und im besten Fall die Messmethoden und deren Auswertungen gleich mitliefern.
3: Eine Dimension ist nur ein Punkt – Cross-Media und Multi-Touchpoint
Es gibt längst nicht mehr den einen favorisierten Kanal, den Kunden dazu nutzen um Informationen über das gewünschte Produkt oder Unternehmen einzuholen und im gleichen Atemzug zu kaufen. Meist werden für den gesamten Entscheidungsprozess bis hin zum Kauf mehrere Kanäle genutzt – nicht selten auch parallel und in unterschiedliche Richtungen. Die Beziehung zu den relevanten Zielgruppen muss daher an vielfältigen Touchpoints gepflegt werden: offline, online, social, mobil oder sonstwie
Dies ist eine Herausforderung für die Entwicklung entsprechender cross-medialer Kommunikationsstrategien, um sicherzustellen, dass alle relevanten Inhalte an den jeweiligen Customer Touchpoints zur Verfügung stehen. Und wie schon oben dargestellt, bedeutet dies besondere Anforderungen an die Quantität und vor allem differenzierte Qualität des Contents. Auch das Thema visuelles und virtuelles Story-Telling ist hiermit wieder angesprochen.
Verändert hat sich hierbei auch die Handlungskette, die zum Kauf führt – Print wird mehr und mehr zum Ideengeber und sorgt für Inspiration, verglichen wird im Netz und über Social Media und gekauft wird schlussendlich auch online. Zumindest immer öfter. Auch das Kundenmagazin ist weiterhin ein wichtiges Instrument modernen CPs – aber eben in Kombination beispielsweise mit der eMag-Variante mit angereicherten zusätzlichen Inhalten (added Value), Corporate Blog und Social Media-Plattformen. Zu beachten ist jedoch, dass es auch meist vom speziellen Zielgruppensegment bzw. der Branche abhängt wo sich Kunden informieren und wie sie kaufen. Letztlich sind umfangreiche Erfahrungen notwendig, welche Touchpoints mit welchen Inhalten in welchen Zielgruppen welche Effekte erzielen. CP-Dienstleister müssen Effect-Experience aufweisen!
Was bedeutet das für Verlage? Verlage können gar nicht genug Wert darauf legen, möglichst schnell Kompetenz zur Kreation von individuellen und nachweislich erfolgreichen Multi-Channel-Strategien aufzubauen. Da zumeist schon eine recht umfangreiche Zahl namhafter Kunden mit komplexen Kommunikations-Bedürfnissen existiert, haben sie die beste Voraussetzung und für diese Kunden Effect-Experience aufzubauen und dann auf andere Kunden zu transferieren – und das ist zu Beginn durchaus auch als Investition zu verstehen.
4. Big Data mit Verstand – Individualisierung von Kommunikation
In Zeiten des fortschreitenden Information Overload und Werbe-Spams wird langsam auch den letzten Unternehmen bewusst, dass Kommunikation durchaus negative Effekte auf Kunden haben kann, wenn sie unpassend oder einfach falsch adressiert ist. Viele Werbetreibende wünschen sich daher, dass ihre gesamte Kommunikation, also auch die aus dem Bereich Corporate Publishing, sich dem Idealzustand immer weiter annähert: immer den richtigen Kunden, zur richtigen Zeit, auf dem richtigen Kanal und mit der richtigen Botschaft zu erreichen. Die Vision ist die völlige Individualisierung – denn gerade im Corporate Publishing-Bereich, in dem nicht der unmittelbare Verkauf im Mittelpunkt steht, sondern das emotionale Involvement und der Markentransfer, sind Störsignale besonders kontra-produktiv. Insofern ist der Bereich endlich die vernünftige Anwendungsmöglichkeit für Big Data, da der aus Cross-Selling- und Up-Selling-Überlegungen entbrannte Streit, ob selektive Kundenansprache bei den hohen IT-Invests für Big Data nun zu mehr oder weniger Deckungsbeitrag führt, eigentlich obsolet sein sollte.
Modernes Corporate Publishing bedeutet also auch diesbezüglich Kundenansprache auf höchstem Level – Werbetreibende streben an, ihre Ansprache zu 100% auf die Bedürfnisse ihrer Kunden ausrichten und CP-Dienstleister müssen mitziehen. Jeder Kunde hat seine eigenen Präferenzen, Interessen, Shoppingverhalten, Kanäle auf denen er sich bewegt. Über die vielfältigen Feedback- und Interaktionsmöglichkeiten sind viele dieser Vorlieben bekannt, werden im Idealfall sogar aktiv abgerufen. Um diese hohe Segmentierung in der Unternehmenskommunikation zu leisten, ist letztlich eine 360-Grad Sicht auf jeden Kunden notwendig. Alle Daten müssen gebündelt in einem System abrufbar und in Echtzeit abbildbar sein, am besten gleich inklusive der Informationen aus den sozialen Netzwerken, also mit Social CRM.
Werbetreibende benötigen somit in jedem Fall einen Dienstleister, der über die technische Fähigkeit und das Verständnis über eine professionelle Datenverwaltung, -aufbereitung und -bereitstellung verfügt, unter Berücksichtigung aller datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen.
Was bedeutet das für Verlage? Verlage können sich unter Umständen einen Vorteil verschaffen, indem sie ihren eignen Pool an Strukturdaten aus dem eigenen Kunden-Pool gewinnbringend einsetzen. Vorausgesetzt diese werden aus den verschiedenen Quellen wie Abonnement-Daten, Userverhalten auf verlagseigenen Websites, Kaufverhalten gebündelt auswertbar und ggf. anonymisiert verfügbar. Zudem haben gerade die größeren Verlagshäuser zumeist schon recht leistungsfähige IT-Systeme für Data Warehousing und data-driven Kampagnen, insofern einen Vorsprung vor kleineren CP-Dienstleistern.
Fazit:
Corporate Publishing bleibt ein spannendes Feld der Kommunikationsbranche und bietet aufgrund der aktuellen Herausforderungen viele Ansätze für professionelle Dienstleistungen an Werbetreibende. Durch die zunehmende Bedeutung von Content, die Verstärkung von Interaktion, den Bedarf nach Cross-Marketing und die besondere Relevanz von Individualisierung müssen Dienstleister heute und in Zukunft ein ganz anderes Leistungsporfolio anbieten als noch vor einigen Jahren. Viele der Probleme können von etablierten, größeren Unternehmen mit entsprechender Infrastruktur und Erfahrung besser gelöst werden als von den kleineren Playern – Verlage haben dadurch bei allen Risiken und Investitionen eine gute Chance, sich stabil zu positionieren und mehr Umsätze zu generieren.
Ein schöner Nebeneffekt für Verlage: Sie können im Bereich Corporate Publishing genau die Digitalisierungs-Strategien austesten und zum Erfolg führen, die im klassischen Verlagsbereich aufgrund „journalistischer Befindlichkeiten“ manchmal ungenutzt bleiben – und damit vielleicht wichtige Erfahrungen über entsprechende Erfolgsfaktoren, zum Beispiel bei der Monetarisierung von „Communities of Interest“, sammeln.